Krankheit ist ein Prisma für die Ungerechtigkeiten der Gesellschaft. Armut, Diskriminierung, Arbeitslosigkeit und Isolation machen nicht nur krank, sie lassen Menschen auch früher sterben. Höchstverdienende leben in Deutschland bei den Frauen vier, bei den Männern durchschnittlich achteinhalb Jahre länger als Niedrigstverdienende, in Frankreich sind es acht beziehungsweise dreizehn Lebensjahre. Eine Handvoll Ärzt:innen und Pfleger:innen sagen dieser Ungerechtigkeit nun den Kampf an: In einem von Marseilles «Problemvierteln» haben sie das Château en Santé gegründet, ein Gesundheitszentrum, das «gerechte Medizin» praktizieren will. Sie verschreiben nicht nur Antibiotika oder beraten junge Frauen über Verhütung, die Mitarbeitenden organisieren auch Spielgruppen, gehen mit den Patient:innen wandern und helfen ihnen sogar bei der Wohnungssuche. Was hat das noch mit Medizin zu tun?